Eddy van Hijum, Regionalminister und im Provinzialrat der niederländischen Provinz Overijssel verantwortlich für das Ressort Wirtschaft, spricht sich dafür aus, mit Verträgen zwischen der niederländischen Regierung und den Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen eine gegenseitige Anerkennung bei Berufsabschlüssen zu erzielen. „Auf diese Weise können wir die Chance auf einen Arbeitsplatz innerhalb der deutsch-niederländischen Grenzregion erhöhen und die regionale Wirtschaft stärken.“ In der Praxis gestaltet sich das Beseitigen von Grenzbarrieren als schwierig. Laut der Kommission Huizing sind die Anforderungen an Qualifikationen und Berufspraxis in den Niederlanden und in Deutschland noch immer sehr unterschiedlich. „Auch wenn es an guten Vorsätzen nicht mangelt“, betont Wirtschaftsabgeordneter Eddy van Hijum. So enthielten Regierungsabkommen auf beiden Seiten der Grenze erstmals ausdrückliche Bestrebungen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Mittlerweile ist in den Niederlanden ein Staatssekretär für die Förderung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit zuständig.
„Teuer und zeitraubend“
Als besonders schwierig gilt die Akzeptanz von Berufsabschlüssen. Laut einer aktuellen, von der Euregio angestoßenen Studie gibt es zahlreiche reglementierte Berufe wie Altenpfleger, Krankenpfleger oder Erzieher, bei denen ein niederländischer oder deutscher Berufsabschluss nicht anerkannt wird. „Der Prozess, einen niederländischen Berufsabschluss über ein Prüfungsamt anerkannt zu bekommen, ist teuer und zeitraubend“, sagt van Hijum. Ferner würden niederländische Berufsabschlüsse oftmals unterbewertet, weil die strengen deutschen Anforderungen an das duale System des Lernens und Arbeitens und das in Deutschland wichtige Meister-Gesellen-Prinzip nicht strikt eingehalten würden. „Daher werden die niederländischen Berufsabschlüsse nicht akzeptiert oder sie werden zu niedrig eingestuft.“ Weniger ausgeprägt sind Verfahrenshindernisse bei nicht reglementierten Berufen wie beispielsweise im technischen Bereich. In der Praxis entscheidet hier bei Arbeitgebern das Wissen über die jeweiligen Ausbildungen aus dem Nachbarland darüber, ob ein Berufsabschluss anerkannt wird oder nicht.
Anpassung durch Kurse und Praktika
Als Beispiel für eine Anpassung der Ausbildungen nennt van Hijum das Interreg-Projekt „Doppelte Qualifizierung, Doppelte Chancen“. In ihm wird daran gearbeitet, die Ausbildungsinhalte unter anderem in den Bereichen Installationstechnik und Metallbearbeitung vergleichbar zu machen. „Defizite im Wissen und bei Fähigkeiten können durch spezifische Kurse oder Praktika ausgeglichen werden, so dass eine vollständige gegenseitige Anerkennung möglich wird. Die Sprachlücke wird reduziert, indem Kurse in der Nachbarsprache angeboten werden.“Durch Verträge zwischen den Niederlanden und den deutschen Bundesländern über eine automatische gegenseitige Anerkennung könnten die Kosten für die Bewertung und Akzeptanz von Berufsabschlüssen erheblich verringert werden, so van Hijum weiter. „Arbeitsuchende müssten keinen individuellen Prozess mehr durchlaufen, damit ihr Berufsabschluss akzeptiert wird. Und Arbeitgeber können darauf vertrauen, dass die im Vertrag erwähnten Berufsabschlüsse auch ihren eigenen nationalen Standards genügen.“
Barriereabbau wirtschaftlich sinnvoll
Das Vertrauen eines deutschen oder niederländischen Arbeitgebers in den Wert eines niederländischen oder deutschen Berufsabschlusses könne selbstverständlich nicht per Vertrag durchgesetzt werden. „Beginnen wir also mit den Ausbildungen, die in den Grenzregionen am dringendsten benötigt wird und in der bereits grenzüberschreitend zusammengearbeitet wird – zum Beispiel im Bereich des Gesundheitswesens und der Technologie.“ Der politische Wille, auf beiden Seiten der Grenze endlich Nägel mit Köpfen zu machen, könne der gegenseitigen Anerkennung den letzten Schub geben. Ein Schub, der sich auch ökonomisch lohnen würde. Wie die Europäische Kommission kürzlich errechnete, würden 2 bis 8 Prozent des Wirtschaftswachstums in den Grenzregionen „liegen gelassen“, wenn Barrieren bei Regeln und Verfahren nicht abgebaut würden.