Marian Verstraaten kommt gebürtig aus Zeeland und lebt inzwischen seit acht Jahren in Deutschland. Während ihres Studiums absolvierte sie bereits Praktika in Hamburg und Wuppertal. Nach dem Studium zog es sie zum Arbeiten zunächst nach Belgien und in die Niederlande, bevor sie erst als Übersetzerin eine Stelle in Deutschland antrat und heute als Teamleiterin, SEO Übersetzerin und SEO Content Strategist dort tätig ist. Warum sich die Niederländerin für Deutschland entschieden hat, welche Hürden es beim Schritt über die Grenze zu bewältigen gab und welche (Kultur-)Unterschiede ihr noch heute begegnen, verrät Marian Verstraaten im Interview.
Bitte stellen Sie sich kurz vor!
„Deutsche bekommen oft sofort ein Urlaubsgefühl, wenn ich ihnen erzähle, dass ich ursprünglich aus Zeeland komme (lacht). Schon als Kind war ich von der deutschen Sprache und Kultur fasziniert. Ich fand die Sprache so schön. Aber als zehnjähriges Mädchen konnte ich leider nicht viel davon verstehen. Im Nachhinein ist es keine große Überraschung, dass ich jetzt in Deutschland lebe und für ein Übersetzungsbüro arbeite. Ich übersetze aus dem Deutschen und Englischen ins Niederländische und Flämische. Häufig handelt es sich dabei um SEO-Übersetzungen.“
Warum sind Sie nach Deutschland gezogen?
„Während meines Studiums hatte ich bereits Praktika in Hamburg und Wuppertal absolviert. Ich hatte eine sehr schöne Zeit in Deutschland. Nach dem Studium habe ich zunächst in Belgien und den Niederlanden gearbeitet, aber dann hat mich das Fernweh gepackt (lacht). Ich vermisste Deutschland und habe dann in unserem Nachbarland nach einem neuen Job gesucht. Bei einem Übersetzungsbüro in Krefeld war eine Stelle frei. Es ging dann alles sehr schnell. Zwei Monate später lebte und arbeitete ich in Deutschland, erst als Übersetzerin, und später auch als Teamleiterin und SEO Content Strategist.“
Welche Hürden sind Ihnen beim Umzug nach Deutschland begegnet?
„Während meines Studiums habe ich mich unter anderem auf die deutsche Sprache und Kultur spezialisiert. Das hat mir den Umzug nach Deutschland natürlich sehr erleichtert. Aber natürlich gab es noch viele praktische Dinge zu erledigen, zum Beispiel eine Wohnung zu finden, ein deutsches Bankkonto zu eröffnen, eine Steuernummer zu beantragen, sich bei der Stadt anzumelden, das Auto einzuführen und eine deutsche Krankenversicherung abzuschließen. Beim Umzug nach Deutschland muss man vieles bedenken! Aber wenn man sich im Vorfeld gut informiert und flexibel ist, sollte das kein Problem sein.
Natürlich muss ich manchmal immer noch Dinge recherchieren. Neulich brauchte ich einen neuen Führerschein, weil der alte aus den Niederlanden abgelaufen war. Es stellte sich heraus, dass ich ihn einfach in Krefeld beim Straßenverkehrsamt bekommen konnte. Als Niederländerin habe ich jetzt einen deutschen Führerschein.“
Welche Kulturunterschiede zwischen Niederländern und Deutschen sind Ihnen begegnet?
„Das Klischee ist richtig: Die Deutschen lieben Titel und Ränge und zeigen diese gerne. In den Niederlanden wird denen weniger Bedeutung beigemessen. Auch Statussymbole spielen in Deutschland eine größere Rolle als in den Niederlanden. Deutschland ist nicht umsonst ein Autoland (lacht).
Die Deutschen schaffen mit Siezen auch Abstand. In den Niederlanden ist das Duzen viel gängiger als in Deutschland. Man duzt sich in den Niederlanden viel schneller, häufig sofort.
Bevor ich nach Deutschland zog, musste ich mich mit einem großen kulturellen Unterschied auseinandersetzen. Bewerbungsprozesse in Deutschland und in den Niederlanden unterscheiden sich deutlich voneinander. In Deutschland ist es eher üblich, eingescannte Zeugnisse, Zertifikate und Empfehlungsschreiben früherer Arbeitgeber der Bewerbung beizulegen. Darüber hinaus wird im Bewerbungsschreiben oft eine Gehaltsangabe verlangt. Die Deutschen mögen eine sehr detaillierte Vorbereitung. Unter anderem wird in vielen Unternehmen zum Beispiel erwartet, dass man den eigenen Werdegang detailliert erläutern kann. In Ausnahmefällen kann es sogar sein, dass man nach dem Werdegang der Eltern gefragt wird. Das war früher gang und gäbe, wandelt sich jedoch langsam.“
Was können Sie anderen mit auf den Weg geben, die vorhaben, nach Deutschland zu ziehen?
„Lernen Sie im Vorfeld die deutsche Sprache und tauchen Sie in die deutsche Kultur und Tradition ein. Die Deutschen wissen es sicher zu schätzen, wenn sie in ihrer Muttersprache angesprochen werden. Und mit etwas Wissen über die deutsche Kultur ist es auch einfacher, kulturelle Unterschiede sofort nach der Ankunft zu erkennen. Seien Sie auf jeden Fall neugierig auf die deutsche Kultur.
Treffen Sie sich in Deutschland nicht nur mit Expats oder Niederländern. Nehmen Sie Kontakt zu Deutschen auf und integrieren Sie sich. Das ist der beste Weg, die deutsche Sprache zu lernen und kulturelle Unterschiede noch schneller zu überwinden. Seien Sie offen für Neues, ohne auf der Basis Ihrer eigenen Überzeugungen zu urteilen. Seien Sie respektvoll und flexibel. Lernen Sie voneinander und versuchen Sie, den anderen zu verstehen. Das Kennenlernen einer neuen Sprache und Kultur ist wie eine neue Welt, die sich einem eröffnet.“
Was verbinden Sie mit Deutschland/den Niederlanden? Was ist für Sie typisch in den beiden Ländern?
„In Deutschland werden Filme und Serien eigentlich immer synchronisiert. Daran muss man sich als Niederländer wirklich gewöhnen! In den Niederlanden sind wir es gewohnt, die Originalstimmen zu hören.
Ich habe auch festgestellt, dass Bio-Produkte in Deutschland sehr beliebt sind. Es gibt Bio-Supermärkte. Aber auch die regulären Supermärkte in Deutschland verkaufen zunehmend Bioprodukte. Das ist ein wichtiger Trend, von dem auch der niederländische Agrar- und Lebensmittelsektor profitiert, da ein Teil der Bioprodukte importiert wird. Ein Produkt mit einem bestimmten Zertifikat oder Qualitätszeichen? Das lieben die Deutschen! Es gibt ihnen ein Gefühl von zusätzlicher Sicherheit.
In der Advents- und Weihnachtszeit sind viele typisch deutsche Traditionen zu entdecken, wie zum Beispiel Weihnachtsmärkte, Adventskalender und -kränze und das Backen von Weihnachtsgebäck in allen Formen und Größen. In Deutschland ist es nicht unüblich, sich gegenseitig einen schönen Advent zu wünschen. Das traditionelle Weihnachtspaket („kerstpakket“), wie wir es in den Niederlanden kennen, ist in Deutschland unüblich und man sollte das nicht von einem deutschen Arbeitgeber erwarten.
Wenn ich an die Niederlande denke, denke ich eher an „pakjesavond“ (Bescherung am Nikolausabend); Nikolaus spielt in den Niederlanden eine viel größere Rolle. Das ist wichtig zu wissen für deutsche Unternehmer, die mit ihrem Online-Shop den niederländischen Markt erobern wollen. Es kann zum Beispiel eine gute Idee sein, in einem niederländischen Webshop das Nikolausfest aufzugreifen und zu der Zeit passende Banner anzuzeigen oder Nikolausrabatte anzubieten. Man muss wissen, welche Aktionen und Kampagnen auf der anderen Seite der Grenze erfolgreich sein können, denn der Wettbewerb ist hart.“
Wie sind Ihre Erfahrungen in Deutschland, nachdem Sie nun acht Jahre hier wohnen? Wie unterscheiden sich das Arbeiten und das Leben in den beiden Ländern?
„Die Deutschen sind sehr positiv gegenüber den Niederlanden eingestellt. Das ist mir wirklich sofort aufgefallen. Die Niederländer sind bei ihren östlichen Nachbarn als jovial und entspannt im Umgang bekannt. Humor spielt in den Niederlanden eine wichtige Rolle, mehr noch als in Deutschland. Das beobachte ich regelmäßig, auch in Kursen und Workshops. Die Deutschen hingegen sind eher an einer guten Vorbereitung interessiert. Alles ist bis ins kleinste Detail geplant und arrangiert.“
Haben Sie die Dienste des GrenzInfoPunktes schon einmal in Anspruch genommen?
„Noch nicht, aber es ist immer nützlich zu wissen, dass es eine zentrale Anlaufstelle gibt. Ich bin gerade dabei, meinen eigenen Blog einzurichten. Darin werde ich auf deutsche und niederländische Unterschiede in den Bereichen Sprache, Kultur, Suchmaschinenoptimierung und Online-Marketing eingehen. Auch ein Link zum GrenzInfoPunkt wird in meinem Blog enthalten sein. Ich hoffe, dass ich mit meinen Tipps & Tricks deutschen und niederländischen KMUs helfen kann, erfolgreich Geschäfte mit Niederländern bzw. Deutschen zu machen.“
Zum Schluss: Möchten Sie auch in Zukunft in Deutschland bleiben oder sehen Sie sich künftig doch eher wieder in den Niederlanden?
„Natürlich kann niemand die Zukunft vorhersagen. Aber ich arbeite grenzüberschreitend, komme also ohnehin mit beiden Kulturen in Kontakt – unabhängig davon, wo ich wohne. Auf jeden Fall mag ich Deutschland mit seiner interessanten Kultur, den freundlichen Menschen und der schönen Natur sehr. Ich denke, es ist etwas Besonderes, dass die deutsche Landschaft so viel Abwechslung zu bieten hat. Man findet hier nicht nur große Wälder, schöne Seen und Berglandschaften, sondern auch Meer und Strand. Außerdem ist die deutsche Sprache für mich nach wie vor sehr interessant und ich möchte auch in Zukunft deutschen und niederländischen Unternehmern bei ihren grenzüberschreitenden Herausforderungen helfen.“