In der deutsch-niederländischen Grenzregion kommt es regelmäßig vor: ein Niederländer, der in Deutschland arbeitet und ein Deutscher, der bei einem niederländischen Unternehmen angestellt ist. In welchen Branchen ist grenzüberschreitendes Arbeiten verbreitet? Wie funktioniert es? Und wie hat sich die Corona-Pandemie auf den grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt ausgewirkt? Michael Stock, EURES Cross Border-Berater bei der niederländischen Arbeitsagentur UWV im Auftrag des Arbeitgeberservice vom WerkgeversServicepunt Achterhoek, Nijmegen en Midden-Gelderland, verrät das und mehr im Gespräch. Als einer der Experten aus dem umfassenden Netzwerk des GrenzInfoPunkts der Euregio Rhein-Waal unterstützt Stock Arbeitnehmer bei der Suche nach dem perfekten Job und Arbeitgeber, die auf der Suche nach neuem Personal sind – und das grenzüberschreitend.
„Das Ziel meiner Kollegen und von mir ist es, Menschen mit einer 360-Grad-Perspektive nach einem Job oder neuem Personal suchen zu lassen“, erklärt er. „Wenn Einwohner der Grenzregion beispielsweise auf der Suche nach Arbeit sind, tun sie das vielleicht in einem Umkreis von 30 Kilometern. Aber dieser Radius wird oft nicht über die Landesgrenze hinaus erweitert.“ Das ist seiner Meinung nach schade, denn es gebe auch im Nachbarland große Jobchancen. Gemeinsam mit seinen Kollegen nehme er deshalb regelmäßig an digitalen Jobmessen teil und vereinbart Online-Speed-Dates.
Gute Zusammenarbeit mit dem GrenzInfoPunkt der Euregio Rhein-Waal und der Agentur für Arbeit Kleve
Die Zusammenarbeit zwischen dem GrenzInfoPunkt der Euregio Rhein-Waal und UWV sei sehr gut, so Stock. Wenn jemand beim GrenzInfoPunkt der Euregio Rhein-Waal angibt, dass er auf der Suche nach einem Job im Nachbarland sei, wird der EURES Cross Border-Berater eingeschaltet. Andersherum verweist der Berater auch an den GrenzInfoPunkt der Euregio Rhein-Waal. Stock: „Wenn ein Niederländer zum Beispiel einen Job in Deutschland gefunden hat, gibt es oft eine Menge an Angelegenheiten, die geregelt werden müssen. Der Betroffene muss in Deutschland Steuern zahlen, erhält später vielleicht eine deutsche Rente und muss sich plötzlich mit dem deutschen Gesundheitssystem auseinandersetzen. Daher vermittle ich sie oder ihn dann an den GrenzInfoPunkt der Euregio Rhein-Waal, wo die Berater alle Fragen beantworten können.“ Auch die Zusammenarbeit zwischen UWV und seinem deutschen Pendant, der Agentur für Arbeit Kleve, ist fruchtbar. Die Neueinstellung zweier Kollegen habe der Zusammenarbeit neuen Schwung verliehen. „Wir arbeiten jetzt strukturell zusammen, mit einer gemeinsamen Vision dessen, was wir erreichen können und wollen“, erläutert Stock.
Viel Vermittlung in den Bereichen Technik, Transport und Logistik
In welchen Bereichen vermittelt der EURES Cross Border-Berater zwischen deutschen und niederländischen Arbeitgebern sowie Arbeitssuchenden? „UWV/EURES vermittelt Arbeitssuchende grundsätzlich in jede Branche in beiden Ländern. In der Praxis sind das aber vor allem der technische sowie der Transport- und Logistiksektor“, erzählt Stock. „Vor der Corona-Pandemie war auch das Hotel- und Gaststättengewerbe eine vielversprechende Branche für die grenzüberschreitende Arbeitsvermittlung.“ Für Menschen im Pflege- und Bildungsbereich kann es schwieriger sein, einen Job auf der anderen Seite der Grenze zu finden, da sie oft Herausforderungen mit der Anerkennung von Abschlüssen haben. Zudem handelt es sich um Branchen, in denen gute Kenntnisse der Nachbarsprache enorm wichtig sind.
Durch die Corona-Pandemie weniger sichtbar
Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie hat sich bei den EURES Cross-Border-Serviceangeboten viel verändert. Beispielsweise sind die physischen Jobbörsen weggefallen. „Dadurch sind wir viel weniger sichtbar“, so Stock. „Wir können an keinen Netzwerkveranstaltungen teilnehmen. Das hat Auswirkungen auf den Zugang zum Netzwerk.“ Er erklärt außerdem, was sich für Grenzpendler verändert hat: „Viele von ihnen haben begonnen, von zu Hause aus zu arbeiten. Wenn sie das nach der Corona-Pandemie fortsetzen möchten, wirkt sich das höchstwahrscheinlich auf ihre Sozialversicherung aus.“ Das liege daran, dass Grenzpendler ihre Beiträge dafür normalerweise im Arbeitsland zahlen. Wenn sie jedoch mehr als 25 Prozent ihrer Arbeitszeit im Wohnsitzland verrichten, müssen sie dort zahlen. „Das ist also eine große Veränderung“, sagt Stock. „Wir befinden uns derzeit in einer besonderen Zeit, in der die alte Regelung ausnahmsweise beibehalten werden kann. Aber wie sehen die Regeln nach der Corona-Pandemie aus? Das ist noch völlig unklar und wichtig, im Auge zu behalten.“
Maßgeschneiderte Beratung für Grenzgänger
Generell sei es für Grenzgänger sehr wichtig, sich rechtzeitig zu informieren und beraten zu lassen. Das ist etwa über die Website des GrenzInfoPunkts der Euregio Rhein-Waal sowie im Rahmen telefonischer Beratungsgespräche und digitaler Sprechstunden möglich. „Sie sollten fragen, was eventuelle Problembereiche sein könnten. Die Situation ist wirklich für jeden anders: Man kann nicht alle Grenzpendler in einen Topf werfen.“ Stock rät außerdem, sich rechtzeitig damit auseinanderzusetzen, wie die Rentenregelung aussieht, denn das Renteneintrittsalter unterscheidet sich in Deutschland und den Niederlanden.
„Unglaublich viele Chancen im Nachbarland“
Warum sollte man als Arbeitssuchender oder Arbeitgeber auch mal einen Blick über die Grenze werfen, wenn man einen neuen Job oder neues Personal finden möchte? „Die Gegenfrage, die ich dann immer stelle, ist: ‚Warum nicht?‘“, sagt Stock mit einem Lächeln. Man schränke sich selbst ein, wenn man das nicht tut. Im Nachbarland gebe es unglaublich viele Chancen. Man lerne eine andere Kultur kennen und sammle viele neue Erfahrungen.“ Er weiß, wovon er redet: Er hat einen deutschen Vater und eine schwedische Mutter, ist in Italien aufgewachsen und hat auch dort gearbeitet. In Deutschland und Großbritannien war er ebenfalls beruflich tätig. Seit elf Jahren wohnt und arbeitet er in den Niederlanden. „Mein interkultureller Hintergrund hat mich wirklich weitergebracht und ich habe gemerkt, dass es wichtig ist, die Kultur eines Landes zu kennen, dessen Sprache man lernt. Außerdem konnte ich die Unternehmenskulturen in verschiedenen Ländern miterleben. Das war unglaublich lehrreich.“
Bessere Zugänglichkeit
Wie sieht der perfekte grenzüberschreitende Arbeitsmarkt aus? „In einer idealen Welt gäbe es natürlich keine großen Unterschiede mehr in Bezug auf Arbeitsbedingungen, soziale Sicherheit und Besteuerung. Aber das ist eine Utopie“, weiß Stock. Was jedoch verbessert werden könne, sei die Zugänglichkeit und Verständlichkeit der verfügbaren Informationen. „Es gibt viele Informationen im Internet, aber deshalb rate ich, sich an den GrenzInfoPunkt der Euregio Rhein-Waal zu wenden, denn deren Berater sind immer auf dem neuesten Stand der Dinge und können die Leute mit dem richtigen Ansprechpartner verbinden. Auf diese Weise kommen wir einem zugänglichen grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt immer näher.“