Der Fachkräftemangel ist das beherrschende Thema im deutsch-niederländischen Arbeitsmarkt. Große Lösungen für das Problem gibt es nicht, weshalb sich Unternehmen auf für sie passende Teillösungen fokussieren sollten. Dabei ist auch ein Umdenken erforderlich. So lautet ein Fazit der jüngsten Konferenz der Arbeitsmarktplattform des GrenzInfoPunkts Rhein-Waal.
Nach der Begrüßung durch Marco Flipse, Koordinator des GrenzInfoPunkts Rhein-Waal, übernahmen Experten aus Deutschland und den Niederlanden das Zepter. Den Anfang machten Jörgen Zegel und Michael Stock, Arbeitsmarktberater vom UWV, dem niederländischen Pendant zur Bundesagentur für Arbeit. Sie konstatierten, dass auf niederländischer Seite sowohl die Zahl der Arbeitsplätze als auch der Stellenangebote zunimmt, wodurch sich der aktuelle Fachkräftemangel nicht entspanne. Mit der Perspektive, dass in den kommenden zehn bis 15 Jahren die Babyboomer in Rente gehen, wird sich die Situation weiter verschärfen. Vor allem im Gesundheitswesen, im Bildungswesen, im IT-Bereich und in der Technik werden zahllose Arbeitskräfte fehlen.
Lösungsideen
Deshalb haben die Arbeitsmarkt-Experten vom UWV 27 Lösungsideen entwickelt, die sich in drei Bereichen zusammenfassen lassen: Neue Talente fördern, Arbeit anders organisieren sowie Mitarbeiter binden und begeistern. Zu den konkreten Tipps im ersten Bereich zählen unter anderem „Quereinsteiger einstellen“, „Breitere Sichtweise außerhalb des traditionellen Lebenslaufs“, „In anderen Regionen werben“ und „Pensionierte Mitarbeiter reaktivieren“. Im zweiten Sektor geht es darum, Aufgaben neu zu organisieren, verstärkt Technologie einzusetzen, mehr Teilzeitarbeit zu ermöglichen und die Kooperation zwischen Unternehmen zu fördern. Im dritten Bereich stehen Aspekte wie flexible Arbeitszeiten, Weiterbildung, angenehmes Betriebsklima und gezieltes Employer Branding im Fokus. Aus den verschiedenen Möglichkeiten sollten sich Arbeitgeber die für sie passenden Teillösungen heraussuchen und umsetzen.
Umdenken bei Unternehmern
Anschließend interviewte Moderator Frank Wöbbeking Kevin Hebing, Teamleiter Arbeitgeberservice der Bundesagentur für Arbeit Kreis Kleve, und Bob Kipshoven, Senior Consultant International Recruitment bei Start People. Beide berichteten aus dem völlig veränderten Alltag in der Arbeitsvermittlung – und einer aktuellen Entwicklung: Während es auf der einen Seite zwar immer noch einen Fachkräftemangel gebe, seien Arbeitgeber auf der anderen Seite aufgrund von Lieferkettenproblemen, steigenden Energiepreisen und anderen unsicheren Faktoren vorsichtiger geworden, wenn es um die Einstellung von neuem Personal geht. Statt auf festangestellte Mitarbeiter seien sie zunehmend auf flexible Arbeitskräfte aus.
Auch das Thema Homeoffice hat noch eine hohe Relevanz. Kipshoven betonte, dass es nicht für alle Beschäftigten möglich sei, im Homeoffice zu arbeiten – etwa für Arbeitskräfte in der Produktion und der Logistik. Carola Schroer, Beraterin beim GrenzInfoPunkt Rhein-Waal, ergänzte, dass es zudem einige Hindernisse gebe, wenn ein Grenzpendler von zu Hause aus arbeitet. Stichwort: Steuerpflicht und Sozialversicherung. Gleichzeitig sicherte sie zu, dass die GrenzInfoPunkte und Euregios mit den politischen Akteuren dazu im Gespräch bleiben, bis es eine dauerhafte Lösung gibt.
Hürden überwinden
In der abschließenden Gesprächsrunde mit allen Referenten ging es vor allem um das Thema grenzüberschreitende Inklusion. Dabei wurde deutlich, dass es in diesem Bereich noch erhebliche Hürden zu überwinden gibt – alleine schon, weil der Begriff „Menschen mit Behinderung“ in beiden Ländern unterschiedlich definiert wird. Ganz abgesehen von den Problemen bei grenzübergreifender Mobilität.
„Es war ein gelungener Austausch, bei dem wir einen Einblick in wichtig aktuelle Themen auf dem grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt erhalten haben. Wir konnten einige spannende Erkenntnisse sammeln und diese für die weitere Entwicklung der Arbeitsmarktplattform mitnehmen“, freute sich Marco Flipse, Koordinator des GrenzInfoPunkts Rhein-Waal.