Bart Groothuijze zog vor 15 Jahren nach Deutschland. Davor wohnte er lange Zeit in Den Haag. Aufgewachsen ist er in den Niederlanden, in der Nähe der deutschen Grenze. Im ersten Teil des Interviews erzählte er, was ihm in der neuen Heimat auffiel und welche Hürden es nach der Auswanderung gab. Groothuijze wohnt aber nicht nur in Deutschland – auch bei seiner Arbeit spielt das Land eine zentrale Rolle. Was macht er da genau? Und was können niederländische und deutsche Unternehmer voneinander lernen? Darum geht es im zweiten Teil des Interviews. Als i-Tüpfelchen verrät er hier auch noch einige Geheimtipps für Unternehmer, die über die Grenze gehen wollen.
Niedrigschwellige Hilfe für Start-ups
Inwiefern hat Groothuijze auf seiner Arbeit mit den Niederlanden und Deutschland zu tun? „Bis Ende Juni habe ich bei Oost NL gearbeitet, wo ich mich unter anderem mit einem Projekt beschäftigt habe, das Start-ups bei dem Grenzgang hilft“, erzählt er. Groothuijze arbeitet inzwischen nicht mehr bei Oost NL, aber er unterstützt im Hintergrund nach wie vor das Projekt. Start-ups können sich dort anmelden und mit etwas Glück an verschiedenen Aktivitäten teilnehmen, die ihnen dabei helfen, den Schritt über die Grenze zu machen. Hierdurch können Unternehmer ein wichtiges Netzwerk aufbauen und bekommen die Chance, ihre Ideen zu pitchen. Auf diese Weise können Start-ups im Nachbarland einen aussichtsreichen Start hinlegen. „Das Projekt ist ein großer Erfolg – es gibt sehr viele Unternehmen, die Interesse an der Teilnahme haben“, so Groothuijze.
Neben dieser Tätigkeit baut Groothuijze aktuell auch ein neues, internationales Unternehmen auf. „Durch das Leben in Deutschland und die Projekte auf der Arbeit habe ich gemerkt, dass Niederländer und Deutsche sich extrem gut ergänzen“, erzählt er. Mit seiner neuen Firma möchte Groothuijze daher niederländische und deutsche Unternehmer miteinander in Kontakt bringen. „So können sie sich gegenseitig mit ihrer Expertise unterstützen und ihr Start-up zum Erfolg bringen – und damit helfen sie mir auch bei meinem Start-Up!“, schwärmt Groothuijze.
Ein Unternehmen in Deutschland aufbauen
Groothuijze hat sich beim deutschen Finanzamt als „Freiberufler“ angemeldet, um geschäftliche Aktivitäten in den Niederlanden und in Deutschland begleiten zu können. „Das Prädikat Freiberufler ist eine spezielle Form eines Einmannbetriebs, die in den Niederlanden am besten mit einem ‚Zzp-er‘ (Selbstständiger ohne Personal) verglichen werden kann“, erläutert Groothuijze. Als Freiberufler musste er beim Finanzamt bestimmte Kompetenzen und Zeugnisse nachweisen, um zu zeigen, dass er mit dem Unternehmen seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Da es für Freiberufler bislang wenige Formalitäten gibt, bleiben sie immer ein bisschen unbemerkt. Das deutsche Finanzamt rät daher eher davon ab, Freiberufler zu werden. „Ich gehe darum davon aus, dass es in Zukunft mehr Regelungen für Freiberufler geben wird.“
Einen Einmannbetrieb in Deutschland aufzubauen, war laut Groothuijze recht einfach: „Die Anmeldung eines Gewerbes beim Rathaus hat mich nur ein paar Zehner gekostet. Die ganze Sache war innerhalb weniger Minuten erledigt – es stellte sich vergleichsweise wenig Bürokratie in den Weg“, so Groothuijze.
Herausforderungen in der Start-up-Szene
Groothuijze findet, dass deutsche und niederländische Unternehmer viel voneinander lernen können. „Auf dem Gebiet der Infrastruktur und des E-Commerce können Deutsche sich zum Beispiel ein Vorbild an den Niederländern nehmen, da die Niederlande auf dem Gebiet weit voraus sind.“ Außerdem sollten Deutsche etwas offener für neue Ideen werden und auch mal ein Risiko eingehen, so wie die Niederländer.
„Andersherum“, ergänzt Groothuijze, „können Niederländer natürlich auch viel von den Deutschen lernen.“ Er glaubt, dass viele niederländische Start-ups es nicht schaffen, weil sie zu leichtsinnig Geld ausgeben, das sie noch gar nicht verdient haben. „Deutsche Unternehmer sind durch ihre Geschichte vorsichtiger: Sie geben, soweit möglich, nur das Geld aus, was sie tatsächlich besitzen. Ich denke, dass niederländische Start-ups öfter überleben würden, wenn sie sich diesbezüglich an ihren Ostnachbarn orientieren würden“, so Groothuijze.
Tipps für Unternehmer
Welche Tipps kann Groothuijze Unternehmern geben, die über die Grenze gehen wollen? „Mein erster Rat für niederländische Unternehmer ist, sich vor allem auf Nordrhein-Westfalen zu konzentrieren – nicht nur, weil das Bundesland direkt an der niederländischen Grenze liegt.“ Er erklärt, dass Niederländer oft irrtümlich glauben würden, Berlin sei die deutsche Hauptstadt der Start-ups – obwohl die meisten Start-ups in Nordrhein-Westfalen entstehen. „In vielen Bereichen bietet das Bundesland die beste Basis für Erfolg. Sowohl Niederländer als auch Deutsche können dort viel erreichen“, meint Groothuijze.
Er findet zudem, dass Niederländer und Deutsche sich zu wenig miteinander beschäftigen. „Mein zweiter Tipp lautet: Deutsche und niederländische Unternehmer sollten offener für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit werden. Sucht den Kontakt auf der anderen Seite der Grenze!“ Auch, wenn man dort eine andere Sprache spricht – das Ziel jedes Unternehmers bleibt doch das gleiche: den eigenen Betrieb zum Erfolg bringen. Groothuijze schlussfolgert: „Ich bin davon überzeugt, dass Unternehmer noch erfolgreicher werden können, wenn sie sich auch Ideen von der anderen Seite der Grenze anhören!“
Der GrenzInfoPunkt Rhein-Waal informiert und berät Arbeitnehmer und Arbeitgeber kostenlos zu den Themen Wohnen, Arbeiten und Studieren auf der anderen Seite der Grenze. Zu diesem Zweck werden Sprechstunden organisiert, persönliche Gespräche sind jedoch auch möglich. Der GrenzInfoPunkt wird im Rahmen des INTERREG V A Projektes GrenzInfoPunkt Euregio Rhein-Waal, mit Unterstützung des EU-Programms INTERREG Deutschland-Nederland, des Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen und der niederländischen Provinzen Gelderland, Noord-Brabant und Limburg, realisiert.