Arbeitnehmereigenschaft
Traditionell wird in Belgien zwischen Angestellten – deren Arbeit hauptsächlich intellektueller Art ist – und Arbeitern – die vorwiegend manuelle Arbeit oder Handarbeit verrichten – unterschieden. Obwohl der Unterschied zwischen beiden Arbeitnehmerkategorien zunehmend verblasst, bestehen weiterhin gewisse Differenzen. Ein Unterschied besteht z.B. weiterhin bezüglich des jährlichen Erholungsurlaubs: während das Urlaubsgeld des Arbeiters über eine Urlaubskasse oder das Landesamt für Jahresurlaub bezahlt wird, muss beim Angestellten der Arbeitgeber direkt dafür aufkommen.
Arbeitsvertrag
Belgische Arbeitsverträge werden unbefristet oder befristet abgeschlossen.
Der unbefristete Arbeitsvertrag ist die Regel. Er muss nicht zwingend schriftlich festgehalten werden (auch wenn ein schriftlicher Vertragsabschluss anzuraten ist). Gewisse Klauseln müssen jedoch zwingend schriftlich festgehalten werden (Gültigkeitskriterium, z.B. das Wettbewerbsverbot).
Befristete Arbeitsverträge sind entweder bis zu einem vorher abgesprochenen Datum oder für eine bestimmte Arbeit geschlossen. Sie enden am vertraglich festgelegten Datum oder nach Abschluss der bestimmten Arbeit, ohne dass eine Kündigungsfrist eingehalten oder eine Kündigungsentschädigung gezahlt werden muss.
Ein befristeter Arbeitsvertrag muss zwingendermaßen schriftlich abgeschlossen werden. Wird der schriftlich befristete Arbeitsvertrag nicht spätestens bei Beginn des Arbeitsverhältnisses unterzeichnet, geht man vom Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses aus.
In jedem Fall muss ein gültiger Arbeitsvertrag die folgenden Elemente enthalten:
- Angaben zur Identität der beiden Parteien Arbeitgeber und Arbeitnehmer
- Datum des Beginns der Beschäftigung
- Arbeitsplatz und Arbeitszeiten
- Position innerhalb des Arbeitsplatzes und damit verbundene Verpflichtungen
- Dauer des Arbeitsvertrags (unbefristet, bis zu einem im Voraus festgelegten Enddatum, bis zum Ende eines klar definierten Arbeits- oder Ersatzvertrags)
- Gehalt und Nebenleistungen
- Art der Vertragsbeendigung und etwaige Abfindungen oder Vertragsstrafen
- etwaige zusätzliche Bestimmungen wie Vertraulichkeitsklauseln oder Wettbewerbsverbote
- die Bestätigung des Empfangs des Arbeitsvertrags.
Der Arbeitsvertrag ist in zweifacher Ausfertigung zu unterzeichnen: ein Exemplar für den Arbeitgeber und ein Exemplar für den Arbeitnehmer. Sie sollte spätestens zum Zeitpunkt der Einstellung unterzeichnet werden.
Darüber hinaus sollte der Arbeitsvertrag auch in der Sprache abgefasst werden, in der das Unternehmen seinen Sitz hat. So sollte beispielsweise ein Unternehmen mit Sitz in Flandern einen Arbeitsvertrag in niederländischer Sprache abschließen.
Probezeit
In belgischen Arbeitsverträgen, die nach dem 1.1.2014 geschlossen wurden, dürfen Arbeitgeber keine Probezeit mehr vorsehen. Durch die Einführung des Einheitsstatuts für Arbeier und Angestellte ist die Kündigungsfrist, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Falle einer Kündigung im ersten Beschäftigungsjahr einhalten müssen, relativ kurz, so dass die Probezeit überflüssig ist. Es gibt Ausnahmen für Studentenarbeit und Zeitarbeit: Hier gelten die ersten drei effektiven Arbeitstage als Probezeit. Sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer können den Vertrag während dieses Zeitraums jederzeit und ohne Entschädigung kündigen.
Mindestlohn
Arbeitnehmer im Alter von 18 Jahren oder mehr, die im Rahmen eines Arbeitsvertrages Vollzeit beschäftigt sind, haben unabhängig vom Beschäftigungsfeld Recht auf ein Mindestgehalt („revenu minimum mensuel moyen garanti“ / „maandelijks gemiddeld gegarandeerd minimuminkomen“).
Das gesetzliche Mindestgehalt für Arbeitnehmer im Alter von 18 Jahren mit bis zu 6 Monaten Betriebszugehörigkeit beträgt € 2.070,48€ (Stand 05/2024).
Urlaubsgeld
Die Arbeitnehmer haben Anspruch auf einfaches und doppeltes Urlaubsgeld. Während der Inanspruchnahme des gesetzlichen Jahresurlaubs erhält der Arbeitnehmer das einfache Urlaubsgeld, d.h. die Fortzahlung seines Gehaltes/Lohns. Darüber hinaus hat er Anspruch auf das sog. „doppelte Urlaubsgeld“. Dieses beträgt für Angestellte 92% des Bruttomonatsgehalts.
In Belgien wird unterschieden zwischen
- Urlaubsrechnungsjahr: Dies ist das Jahr, in dem die Arbeitsleistungen erbracht werden, die zu Urlaubstagen und den damit verbundenen Entgelt führen (Jahr N);
- Urlaubsjahr: Dies ist das Jahr, in dem der Arbeitnehmer die ihm zustehenden Urlaubstage in Anspruch nimmt, also das Jahr nach dem Urlaubsrechnungsjahr (Jahr N+1).
Wenn ein Arbeitnehmer in Belgien zu arbeiten beginnt, kann diese Unterscheidung dazu führen, dass Sie im ersten Arbeitsjahr keinen ordentlichen Anspruch auf Jahresurlaub haben. Dies widersprach europäischem Recht. Dafür ist es nun möglich einen sog. ergänzenden Urlaub, auch europäischer Urlaub genannt, anzufragen, quasi als Vorschuss auf das Urlaubsgeld des Folgejahres. Erklärungen dazu finden Sie auf unserer Webseite unter dem eigenen Kapitel Urlaub/Urlaubsgeld weiter unten und unter der Webseite des Landesamtes für Soziale Sicherheit
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
Sie sind in Belgien gegen Erwerbsunfähigkeit versichert. Sofern Sie krank werden und nicht arbeiten können, erhalten Sie zunächst einen Teil Ihres Lohns von Ihrem Arbeitgeber. Im Anschluss beziehen Sie im Krankheitsfall häufig eine Leistung Ihrer Krankenkasse.
Beachten Sie jedoch Folgendes: Ist Ihre Krankheit auf einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit zurückzuführen? In diesem Fall erhalten Sie eine Leistung der Arbeitsunfallversicherung Ihres Arbeitgebers oder der Federaal agentschap voor beroepsrisico’s (Föderale Agentur für Berufsrisiken, Fedris). Weitere Informationen zu diesen Regelungen erhalten Sie von der Arbeitsunfallversicherung oder Fedris.
Mehr hierzu lesen Sie auf unserer Webseite unter Krankheit und Erwerbsunfähigkeit
Gewerkschaften
Wenn Sie Mitglied des deutschen Gewerkschaftsbundes DGB sind oder bleiben, haben Sie Anspruch auf Beratung, juristische Unterstützung und steuerliche Beratung der belgischen Gewerkschaften CSC-ACV und FGTB-ABVV.